Für die Meisterprüfung zum Tischler ist 2022 ein einzigartiges Objekt entstanden. Ein wunderschöner Barschrank aus europäischer Kirsche, dessen Türmotiv an die Bodenwelle der VISION-Gläser erinnert. Tischlermeister Jakob Steffen hat uns Einblicke in seine Werkstatt gegeben und berichtet im Interview über ganz besondere Anforderungen und die Freude an seinem vielseitigen Beruf.
Du hast gerade Deine Meisterprüfung zum Tischler abgelegt. Was reizt Dich an diesem Beruf?
Für mich ist das Tischlerdasein eine runde Sache. Es bietet in der Vorbereitung eines Projekts unheimlich viel Raum für Kreativität in der Gestaltung und Umsetzung. Gleichzeitig ist auch ein strukturiertes Arbeiten, beispielsweise bei der Materialbeschaffung und der Erstellung eines Arbeitsablaufplanes gefragt. In der Bauphase kommt es dann auf die präzise Bedienung der Maschinen und Fingerspitzengefühl bei den Handarbeiten an. Es ist ein Beruf für’s Leben, bei dem es nie langweilig wird. Die Vielseitigkeit reizt mich!
Wie bist Du auf das besondere Türmotiv gekommen? Was soll es darstellen?
Ich hatte mich schon früh für einen runden Griff als Kontrast zu dem kantigen Korpus entschieden. Zusätzlich sollte die Oberfläche der Fronten dreidimensional ausgebildet sein, denn die Besonderheit des Möbels soll man nicht nur mit den Augen sehen, sondern auch mit den Händen spüren können. Als ich verträumt im Unterricht des Meisterkurses saß und der Dozent von Tröpfchenbildung im Zuge der Taupunktberechnung sprach, kam ich auf die Idee. Der runde Griff sollte der Tropfen sein, von dem sich Wellen auf den Oberflächen der Türen ausbreiten. Passend auch zu dem, was einen hinter den Türen erwartet.
Was war die größte Herausforderung bei der Herstellung?
Herausfordernd war der Bau der beiden Koffertüren. Hierzu bedurfte es einigen kleinschrittigen Abläufen. Der Rahmen der Türen wurde mit klassischen Schwalbenschwanzzinken verbunden. In die Füllung wurde die Wellenstruktur per Hand eingefräst. Die Füllung wurde dreiseitig eingenutet und einseitig auf Gehrung mit dem Rahmenteil verbunden. Ich war wirklich froh, als ich die Teile verleimt hatte.
Du schreibst in Deinem Entwurf, dass der Barschrank kindersicher sein muss. Wie hast Du diese besondere Anforderung umgesetzt und warum war Dir das so wichtig?
Zum Zeitpunkt des Entwerfens war meine Freundin bereits schwanger und ich malte mir aus, wie unser Sohn im Wohnzimmer auf Entdeckungstour geht. Deshalb ist die Klappe im unteren Teil des Stücks abschließbar, damit die Weinflaschen, welche sich dahinter verbergen, unzugänglich sind und die Klappe niemandem auf den Kopf fallen kann.
Im unteren Teil des oberen Korpusses befinden sich zwei Schubkästen. In die Fronten ist ein nicht sichtbarer Magnet eingelassen. Um sie öffnen zu können, benötigt man einen aus Holz gedrechselten Griff, der die Form eines Martiniglases hat. In diesem ist ebenfalls ein Magnet eingearbeitet und wenn sich die beiden Magneten treffen, fungiert der abnehmbare Griff als Geheimschlüssel. So können hier Gegenstände ohne Sorgen sicher verstaut werden, die nicht in Kinderhände gehören.
Die beiden Türen wurden jeweils mit 5 Scharnieren ausgestattet, damit sie standhalten, falls sich im geöffneten Zustand ein Kind an diese anhängen würde.
Dein Schrank ist speziell für die Abmessungen der Weingläser VISION von Zieher ausgelegt. Warum hast Du diese Gläser ausgewählt?
Nachdem das Grundkonzept für den Schrank stand, drängte sich mir natürlich die Frage auf, welche Gläser in diesem hängen sollten. Mein Anspruch an die Gläser war, dass sie etwas Edles aber nicht zu Dekadentes ausstrahlen sollten. Als ich bei meiner Recherche auf die Vision Collection von Zieher stieß, war klar, dass dies die passenden Gläser sind. Durch die Welle, die beim Zusammentreffen von Kelch und Stiel entsteht, wird ein roter Faden zur Ausbildung der Möbelfront gespannt. Eine runde Sache!
Unten in der Weinbar sieht man viele Weinflaschen. Welches ist Dein Lieblingswein?
Mein Lieblingswein ist ein spanischer Wein, der Muga Reserva aus la Rioja. Zum einen, weil er mir sehr gut schmeckt und zum anderen, weil er mich immer an die Zeit in San Sebastian erinnern wird, in der ich liebestrunken mit meiner Bekanntschaft durch die Gassen schlenderte. Heute haben wir ein Kind zusammen. Wahrscheinlich wird mir deshalb nie ein Wein besser schmecken als dieser.
Du hast den Schrank speziell für Dein aktuelles Wohnzimmer gestaltet, wirst aber bald umziehen. Ist es schwierig einen neuen Platz dafür zu finden?
Der Schrank wird sich ohne Probleme in ein neues Wohnkonzept einfügen können. Er ist nicht zu extravagant und raumeinnehmend. Er lässt sich einfach mit anderen Formen und Farben kombinieren. Er ist zeitlos.
Blick in die Werkstatt
Der Schrank ist in der Mietwerkstatt Fuchsloch in Lübeck entstanden, das Meisterstück wurde auf dem Elbcampus Hamburg vorgestellt.